Blauer Turm

2021

Der Blaue Turm auf dem ABB-Areal in Baden wurde 1957 als Reaktion auf den steigenden Bedarf an Büroflächen für die Konstruktionsabteilung errichtet. Das Bauwerk orientiert sich an der amerikanischen Corporate Architecture und verbindet eine Stahl-Skelettkonstruktion mit einer vorgelagerten Aluminium-Glas-Fassade. Der freie Grundriss und die grosszügige Verglasung sollten eine maximale Tageslichtnutzung gewährleisten und den technischen Zeichnern helle, funktionale Arbeitsräume bieten.
Während einer Standortbegehung entdeckten wir ein beschädigtes Fassadenelement, das den Ausgangspunkt der Analyse bildete. Schicht für Schicht wurden die Fassaden- und weiteren Bauelemente dokumentiert, katalogisiert und deren CO₂-Fussabdruck in Bezug auf die graue Energie berechnet. In einem Flussdiagramm wurden die Erkenntnisse mit der Betriebsenergie des Gebäudes verglichen und festgestellt, dass der Blaue Turm während nur fünf Jahren Betriebszeit mehr Primärenergie benötigt, als in den Bauelementen enthalten ist.

Um das Thema weiter zu vertiefen, wurde die Energiefrage im grösseren Massstab betrachtet. Die Energiestrategie der Schweiz bis 2050 verfolgt das Ziel, den Energieimport zu reduzieren und die Kernenergie durch Solarenergie zu ersetzen. Dies stellt die Schweiz vor die Herausforderung, die Grundlast mit fluktuierenden Quellen wie Solar- und Windenergie abzudecken. Um die Abhängigkeit von Stromimporten zu verringern und den Atomausstieg nicht zu gefährden, sind Energiespeicher notwendig.
Für die Speicherung grosser Strommengen eignen sich verschiedene Technologien, darunter mechanische, chemische und thermische Speicher. In städtischen Kontexten werden Druckluftenergiespeicher (CAES) als geeignete Lösung betrachtet. Dabei wird überschüssige elektrische Energie genutzt, um Luft zu komprimieren und in Druckkammern zu speichern. Bei hohem Strombedarf wird die komprimierte Luft durch eine Turbine geleitet, die elektrische Energie erzeugt.

Die Transformation des Blauen Turms soll das Bewusstsein für dieses Thema schärfen und ihm einen architektonischen Ausdruck verleihen. Mit dem Implementieren eines Druckluftspeicherkraftwerks wird das Gebäude auch in Zukunft eine Vorreiterrolle auf dem Areal spielen. Nebst der Umnutzung der bestehenden unterirdischen Tunnels als Luftspeicher und der Unterbringung der notwendigen Technik in den bestehenden Nebenräumen des Turms werden folgende Eingriffe vorgenommen:

Das Erdgeschoss wird im vorderen Teil von den umschliessenden Wänden befreit und in einen öffentlichen Raum transformiert. Ein neu eingeführtes Mezzanin schafft mittels robustem Vorhang einen zentralen wandelbaren Zwischenraum und macht den raumabschliessenden Baldachin, dessen Luftkissen mit der Abluft des Kraftwerks versorgt werden, von Nahem erfahrbar.
Entsprechend der Periodizität von erneuerbaren Energiequellen verstehen wir das Gebäude im Kontext der zeitlichen Dimension. Nebst der Möglichkeit von Büroräumen soll der Turm ein Angebot von temporärem Wohnen für die auf dem Areal arbeitenden Fachkräfte bieten. Mittels Einführung einer mittigen Möbelwand bleibt die Grosszügigkeit des Bestandes räumlich erfahrbar – thermische Vorhänge ermöglichen räumliche Anpassungen an sich ändernde Bedürfnisse.
Eine pneumatischen Hülle überdeckt den klimatisch differenzierten, öffentlichen Dachraum und veranschaulicht anhand ihrer physischen Ausdehnung den Ladezustand des Speicherkraftwerks. Der Blaue Turm wird so zum neuen Wahrzeichen des ABB-Areals.

Semesterarbeit ETH Zürich (Prof. Elli Mosayebi)
In Zusammenarbeit mit Timothy Allen

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Atelier Frozza

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